Prächtige Blumengebinde, die Freude der Trachtler über ihren ersten öffentlichen Auftritt nach langer Zeit, strahlende Augen der Gottesdienstteilnehmer beim Freialtar am Dorfbrunnen... das alles prägte die Fronleichnamsfeier in Anger ebenso wie die nachdenklichen Töne von Pfarrer Ionel Anghel. Er stellte einerseits die „Communio“, die im Sakrament  gestiftete Gemeinschaft, andererseits das Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard Marx in den Mittelpunkt.

Einen „Paukenschlag“ nannte er diese Nachricht über Marx' Schritt, einen  „historischen Moment“, der erschüttere, verwundere, vielleicht traurig mache und in Frage stelle. „Mein erster Gedanken beim Lesen dieser Nachricht war, ja, wie jetzt, wenn wir alle nun die Leitungspositionen, die Seelsorgestellen verlassen würden, was wird damit erreicht, wer hat was davon?“

Ihm habe es geholfen, den originalen Brief des Kardinals an Papst Franziskus zu lesen, erläuterte Anghel in seiner Ansprache und trug diesen daraufhin vor.  „Wir sind – so mein Eindruck – an einem gewissen ,toten Punkt', der aber auch, das ist meine österliche Hoffnung, zu einem 'Wendepunkt' werden kann“, zitierte Anghel Marx' Worte über die Krise der Kirche in Deutschland.

Weiter heißt es im Schreiben an den Papst: „Seit dem letzten Jahr denke ich intensiver darüber nach, was das auch für mich persönlich bedeutet und bin – durch die Osterzeit ermutigt – zu dem Entschluss gekommen, Sie zu bitten, meinen Verzicht auf das  Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen. Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten.“ Die Untersuchungen und Gutachten zeigten, „dass viel persönliches Versagen und administrative Fehler gab, aber eben auch institutionelles oder ,systemisches' Versagen“.

Einen Wendepunkt aus dieser Krise sieht Marx nur in einem „synodalen Weg“, der wirklich eine „Unterscheidung der Geister“ ermögliche. Mit seinem Amtsverzicht könne er vielleicht „ein persönlichen Zeichen“ setzen für neue Anfänge, einen neuen Aufbruch, und wolle er zeigen, „dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums“. Die nächsten Jahre seines Dienstes, gerne weiter als Priester und Bischof, würde sich Marx gerne „verstärkt der Seelsorger widmen“ und sich einsetzen „für eine geistliche Erneuerung der Kirche“.

„Fragen über Fragen tummelten sich in meinem Kopf auch nach dem Lesen dieses Briefes“, zog Anghel ein Fazit. Übernehme man tatsächlich Verantwortung, wenn man weggeht? Sei es nicht umgekehrt, dass man bleiben müsse, um die Missbrauchsfälle besser aufzuarbeiten, den Opfern beizustehen und zu ein besseres Schutzkonzept zu erstellen?

„Auf der anderen Seite ist vielleicht ein solcher Rücktritt das stark gesetzte Zeichen, dass sich etwas Wesentliches in der Struktur der Institution Kirche ändern muss“, gab er Pfarrer zu bedenken. Etwa, „Viri probati“, gestandene, erprobte Männer, zur Priesterweihe zuzulassen, das Zölibat dafür zu lösen, und so den Menschen die als so zentral erachtete Eucharistie zugänglich machen. „Das würde auch andere aktuell umstrittene Themen in der Kirchenlandschaft lösen“, deutete er an.

Der Priester lud die Gläubigen ein, diesen Schritt des Erzbischofs im Gebet zu begleiten. Nach einer eucharistischen Anbetung zogen die Vereine mit ihren Fahnen, die Ministranten, Diakon Peter Walter und der Pfarrer mit der Monstranz unter dem „Himmel“ genannten Baldachin zum Freialtar am Dorfbrunnen. Dort lauschten die Gläuigen dem Evangelium und beteten gemeinsam vor der Monstranz, die die Kommunion- und trachtlerkinder mit Blumengaben verehrten.

Mit Wasti Höglauer und Helmut Häusl am Flügelhorn sowie Stefan Huber an der Tuba untermalte Martina Jakob mit Gesang und Orgel die Feier, zum Beispiel mit festlichen Halleluja-Vertonungen, einem Sanctus von Charles Gounod, „Ave verum corpus“ von Mozart oder „An Irish Blessing“ von James F. Moore. Am Ende erhielten die Musiker einen spontanen Applaus.

Bericht/Fotos: Veronika Mergenthal