„Unser Geist braucht Licht des christlichen Glaubens“

125 Jahre Pfarrei Piding: Pfarrer mahnt Neuausrichtung in Kirche und Gesellschaft an

Im festlichen Rahmen des Pfarrgottesdienstes zum Erntedankfest feierte die Pfarrei Piding am 7. Oktober 2018 ihr 125-Jähriges Bestehen. In seiner Ansprache rief Pfarrer Ionel Anghel dazu auf, sich als Kirche, Pfarrei und deren Angehöriger aktuell dringend erforderlichen „Anderungen von Strukturen, die nicht mehr helfen, sondern mehr verhindern“ zu stellen.

   Durch ein Fahnenspalier zogen zahlreiche Ministranten, Anghel sowie Konrad Mühlbauer, vor Josef Koller von 1979 bis 2001 Pfarrer in Piding, und Gemeindereferentin Marianne Aicher ein. Mit Werken von Wolfgang Hein, rhythmischen Liedern und Volksgesang umrahmten Bläser und Pauken, Organistin Anni Utz und der von Christian Stöberl geleitete Chor „Junge Musik“ die Messe. Zur Eröffnung sang der Kinderchor „Wir feiern heut ein Fest mit Jesus Christus“.

   In der Predigt beleuchtete Pfarrer Anghel die Verbindung zwischen Erntedank und der 125-Jahr-Feier. Um den Grund für das Erntedankfest sichtbar zu machen, hatten die Gläubigen mit den Gabenaltären und der Erntekrone über dem Altar ein klares Bild vor Augen. Als „bildhaften Ertrag von 125 Jahre Pfarrei Piding“ bezeichnete er „Sie, die Gläubigen, die heute da sind und auch diejenigen, die nicht da sind, aber in unserer Gemeinde nach den christlichen Prinzipien leben“, ebenso die „Verbundenheit der Ortsvereine mit dem Leben der Pfarrei“, die Ministranten, die Ehrenamtlichen und alle, die den Glauben leben und vorleben in Familie, Arbeit und Nachbarschaft.

   In einem kurzen geschichtlichen Rückblick erwähnte er, dass der christliche Glaube weit vor der Pfarreigründung in Piding bestand. Um 1500 sei die Pfarrkirche Mariä Geburt und bereits 1200 die Laurentiuskirche in Mauthausen erbaut worden. Er erinnerte an die vielen, die in diesen Kirchen und am Johannishögl getauft oder getraut wurden, die Erstkommunion oder Firmung empfingen.

   Die Verbundenheit mit Jesus Christus und die Verkündigung seines Evangeliums und des Reiches Gottes in Wort und Tat als „primärer Auftrag einer Pfarrei“ ist nach Anghels Ansicht zeitlos aktuell: Seele und Geist brauchten ebenso wie der Leib Nahrung und Stärkung für die in der heutigen Welt drohenden Depressionen und verbreiteter Orientierungs- und Sinnlosigkeit. Hier wurde der Priester durchaus gesellschaftspolitisch: „Unser Geist braucht die Stärkung und das Licht des christlichen Glaubens, damit er nicht verkümmert in Mickrigkeit und Angst vor Fremdem, vorm Neuen...“ Er stellte die Frage in den Raum, ob die Pfarrfamilie in einer Gesellschaft, die anspruchsvoll geworden ist, und in neuen Strukturen noch einen lebendigen christlichen Glauben leben kann.

   Der Prediger rief die Kirche und jedes ihrer Glieder zum Leben der Barmherzigkeit gegenüber „Menschen, deren Lebensgeschichte Brüche erlitten hat“, zur „Bekehrung und Wiedergutmachung von Fehlern und Sünden“ - hier spielte er auf den Missbrauchsskandal an -, und zum Einsatz für Arme und Flüchtlinge, für soziale Gerechtigkeit und Abrüstung auf.

     In einer Gabenprozession legten Ministranten Symbole für Heilung, Freundschaft, Trost, die Zeit, die einander geschenkte Wärme oder die Liebe vor den Altar, wie zum Beispiel ein Pflaster, ein Freundschaftsband, ein Taschentuch, eine Uhr oder eine Wärmflasche. Zum Vaterunser bildeten alle Kinder mit den Minis einen Kreis um den Altar und sangen zum Agnus Dei das Tanzlied „Gottes Liebe ist so wunderbar“, denn Freude gehöre zu einem lebendigen Glauben, so der Pfarrer.

     Am Ende des Gottesdienstes gratulierte Christian Stöberl Pfarrer Mühlbauer zum 50-jährigen Priesterjubiläum und überreichte ein Geschenk des Pfarrverbandsrats. In Mühlbauers Pidinger Zeit seien die Renovierungen der Pfarrkirche und der Mauthausener Kirche gefallen sowie große Feste wie die 100-Jahr-Feier der Pfarrei oder die Primiz von Dr. Thomas Frauenlob, jetziger Dekan, 1993. Mit Anekdoten spickte Stöberl seine Erinnerungen an Mühlbauer, angefangen von der Schule, wo dieser unbeeindruckt versucht habe, Religion zu unterrichten, während die Kinder gefesselt aus dem Fenster schauten, weil nebenan ein Bauernhof lichterloh brannte. „Wie wir als Sternsinger unterwegs waren, haben Sie damals auch Gruppen rumgefahren“, erzählte Stöberl weiter. „Einmal ist es passiert, dass wir mit dem Weihrauchfass ein schönes Loch in Ihre Fußmatte geschmort haben und sich beißender Geruch von geschmolzendem Plastik mit Weihrauch vermischt in Ihrem Auto breit gemacht hat.“ Pfarrer Mühlbauer erinnerte an die für alle traurige Beerdigung seines Amtsnachfolgers Josef Koller vor einer Woche und betonte: „Es war für mich eine Freude, zu einem festlichen Anlass wieder in diese Pfarrei zu kommen.“ Er wünschte den Pidingern, dass das Miteinander in der Pfarrei unter Führung des heiligen Geistes lebendig weiter geht.      

 

17 Jahre Pfarrsekretärin

Die gute Seele aus die Pidinger Pfarrbüro, Ingrid Schöpfer, wurde am Ende des Festgottesdienstes zum 125-Jahr-Feier der Pfarrei Piding von Pfarrer Ionel Anghel mit einem Blumenstrauß geehrt. 17 Jahre lang habe Ingrid Schröpfer, die am 29. September in den Ruhestand verabschiedet worden sei, im Pfarrbüro gearbeitet. Anghel dankte ihr auch im Namen des Pfarrgemeinderats und des Pfarrverbands, die Schröpfer vier Jahre zusätzlich vier Jahre lang begleitet habe. Er würdigte ihren „herzlichen Einsatz über den normalen Dienst hinaus“, auch für die verschiedenen Gruppen der Pfarrei. Alois Berger von der Kirchenverwaltung schloss sich dem Dank mit persönlichen Worten und einem Geschenkkorb an.     

Bericht und Bilder: Veronika Mergenthal

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